Mittwoch, 21. Mai 2025

Schreibroutine finden

Jetzt schreibe ich schon so lange, aber eine richtige Schreibroutine hatte ich noch nie. Zumindest bis vor ein paar Wochen. Ich hatte weder einen festen Ort noch feste Schreibzeiten und dachte, das brauche ich nicht. Und das, obwohl ich sonst ein sehr strukturierter Mensch bin.

Doch irgendwie fehlte mir die Motivation, dranzubleiben. Mehrfach fragte ich mich, wieso es mir so schwerfiel, mich hinzusetzen und zu schreiben.

Während einer meiner morgendlichen Gassirunden (immer zur gleichen Zeit, egal welches Wetter, egal welche Jahreszeit) machte es plötzlich Ping! Über das Gassigehen machte ich mir nämlich nie Gedanken. Ich tat es routiniert, ohne groß drüber nachzudenken. Anziehen, Hunde anleinen, Kackibeutel einpacken, losziehen. 

Das war DIE Idee! Ich musste mich also einfach an den Schreibtisch setzen, den Laptop aufklappen und drauflos schreiben. Sonst nix!

Teil dieser Erkenntnis war für mich übrigens auch, einen festen Schreibplatz einzurichten, sodass ich nicht noch unschlüssig mit dem Laptop hin- und herschleichen muss. Den Ort fand ich im Näh- und Gästezimmer. Stets liegt ein Notizblock bereit, auf den ich Punkte notiere, die während des Schreibens auftauchen, aber später gelöst werden können. Dann muss ich den Schreibfluss nicht unnötig unterbrechen, um etwas im Internet zu recherchieren. Das sind zum Beispiel Namen für eine Nebenfigur oder Infos zu einem historischen Schauplatz. 

Seither sieht mein Start in den Tag so aus: Aufstehen, duschen, ein großes Glas Wasser trinken, Hunde schnappen, rausgehen. Unterwegs stimme ich mich schon auf meine Geschichte ein. Wenn ich wieder zuhause bin, setze ich mich sofort an den Laptop (Handy ist gaaaanz weit weg), öffne die Datei und schreibe los. Durch das vorherige Visualisieren, während ich die Morgenluft inhaliere und über die taufrischen Wiesen laufe, bin ich schon fokussiert. 

Vorgenommen habe ich mir: eine halbe Stunde täglich und rund 500 Wörter.

Was ich schaffe: 30 bis 45 Minuten und 600 bis 800 Wörter. 

Ganz ohne Stress. Ohne Grübeln. Eher fällt es mir schwer, aufzuhören, aber der Brotjob ruft.

Die täglichen Schreibsequenzen helfen mir den ganzen Tag über dabei, ganz nah an der Geschichte zu bleiben. Nie waren mir meine Figuren näher als jetzt, haben sie mir mehr über sich verraten als sonst. 

Ohne Termindruck (den ich mir vorher selbst gemacht habe) sehe ich jetzt das Ziel vor Augen und das Wörtchen "Ende" rückt sichtbar näher.

Wie ist das bei dir? Hast du Schreibroutinen? Wenn ja, welche? 



Dienstag, 13. Mai 2025

Mauerkatzen: Schreibfortschritt oder Sendepause?

Auf Instagram habe ich ja schon häufiger über mein aktuelles Romanprojekt geschrieben. Und auch über meine Schreibfortschritte. Dass ich inzwischen rund vier Monate hinter meinem eigentlichen Plan liege, habe ich jedoch noch niemandem erzählt. 

Es ist nicht so, dass ich gar nicht geschrieben hätte in der Zwischenzeit. Nein, es gab zwei sehr erfolgreiche Anthologie-Neuerscheinungen, in denen Geschichten aus meiner Feder veröffentlicht wurden. 

Außerdem habe ich viel recherchiert, mich durch Schreibratgeber inspirieren lassen, habe Buchmessen besucht und mich mit Büchermenschen ausgetauscht. Ich habe viel gelesen. Denn auch das gehört für mich zum Schreiben dazu. Einen Abend ohne Buch gibt es bei mir nicht. Und intuitiv lerne ich dabei: Welchen Schreibstil ich mag oder nicht, welche Formulierungen und Vergleiche ich besonders schön finde, welche Dialoge öde oder unecht auf mich wirken. 

Ich hab inzwischen so eine kleine Lektorin in meinem Kopf sitzen, die aufstöhnt, wenn ich sie mit Vampirverben füttere oder auf unlogische Handlungen stoße. Manchmal nervt sie, weil sie mich nie in Ruhe lesen lässt, aber meist bin ich ihr dankbar.

Zurück zu meinem Projekt: Wer mir auf Instagram folgt, weiß, dass es um eine innerdeutsche Grenzgeschichte geht und um die Freundschaft zweier Mädchen. Diese beiden werden für immer getrennt, als die Besetzer einen Stacheldrahtzaun mitten durch ihr kleines Dorf ziehen. 

Als ich zu plotten begonnen hatte, habe ich ganz akribisch jede Szene vorher stichpunktartig festgelegt. Das hat zunächst auch gut funktioniert. Doch etwa ab der Hälfte stockte es. Ich kam einfach nicht weiter, weil meine Figuren ganz woanders hinwollten. Weil andere Figuren plötzlich wichtiger wurden. Weil die Lebensentwürfe einiger Personen sich geändert hatten. Und das wollte ich mit meinem starren Plan nicht zulassen. Also war Sendepause. 

Dann las ich ein Interview mit einer Autorin, die beschrieben hat, wie sie plottet: 

- sie kennt den Anfang und das Ende der Geschichte

- sie kennt die Hauptfiguren

- sie legt Eckpunkte im Laufe der Story fest

- und dann schreibt sie drauflos.

Irgendwo in meinem Kopf griffen zwei Zahnrädchen ineinander, und dann ratterte auch mein Motor wieder los, denn Anfang und Ende kannte ich ja, wichtige Eckpunkte ebenfalls.

Jetzt musste ich nur noch eines ändern: meine Schreibroutine. Und die verrate ich euch beim nächsten Mal.

Eure Marlene



Montag, 12. Mai 2025

Neuerscheinung: In vollen Zügen - eine Anthologie von Wortgewandt

 

So eine schöne Anthologie, die hier zusammen mit der Buchschmiede und dem Treffpunkt Schreiben entstanden ist. Dass meine Kurzgeschichte „Paradiesvögel“ Teil davon sein darf, macht mich unheimlich stolz und glücklich. 

„In vollen Zügen“ lautet der Titel. In 15 Texten wurde das Thema wunderbar vielfältig umgesetzt. Ich wurde mitgenommen auf Zugreisen der ganz besonderen Art und habe mein Herz an Figuren verloren, die ganz und gar nicht fiktiv wirkten, sondern echt und menschlich. Wenn ich solche Storys lese, bin ich mir hundertprozentig sicher, dass die KI es niemals schaffen wird, solche Tiefe, Wahrheit und Einzigartigkeit zu erschaffen.

Kauft, lest, verschenkt diese wunderschöne Anthologie. Der Reinerlös aus dem Buchverkauf geht an die Straßenzeitung Der Augustin. Deren Verkauf hilft Menschen, die vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen sind (Obdachlose, Langzeitarbeitslose, Asylbewerber:innen, Armutsbetroffene usw.). 

Meine Highlights: 

„Bunter, freier, leichter“ von Jochen Mariss. Eine Wette, ein Apfel und ein Finale, das mich sehr hat schmunzeln lassen. Schöner Titel und fein zu lesen.

„Der Tag, an dem das Meer beschließt, nicht mehr zu rauschen“ von Sabrina Lior mit einem Thema, das wir solange ausblenden, bis es uns oder unsere Lieben erwischt. Die Autorin hat es in eine unglaublich liebevolle Geschichte verpackt, die mich sehr berührt hat.

„Die lange Nacht der Krokodile“ von Andreas Rodenheber hat mich ebenfalls sehr angerührt. Es geht um Verlust und die Erinnerungen, die bleiben dürfen.

Bei der erstplatzierten Geschichte „Elsi und Leonor“ von Claudia Vonmoos hat mich direkt der erste Satz geflasht.

In weiteren Geschichten geht es um die unheimliche Kraft von bespielten Alphörnern, um den Kampf von Licht und Dunkelheit, um unpünktliche Zugverbindungen, bei denen es beinahe um Leben und Tod geht.

Meine eigene Geschichte „Paradiesvögel“ möchte ich nicht bewerten. Nur so viel: die Idee hat mich beinahe überfahren, als ich für mein aktuelles Projekt recherchiert habe. Von der ersten Zeile an habe ich die Story nicht nur geschrieben, sondern gelebt, ja beinahe geatmet. Vielleicht, weil es eine tiefe historische Verbindung gibt, jedoch keine biografische.

Danke an Treffpunkt Schreiben, die Buchschmiede und das Jury-Team für die professionelle und herzliche Begleitung während der Entstehung. Das Ergebnis spricht für sich.

ISBN: 9783991811749
EUR 12,90

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Freitag, 9. Mai 2025

Schokolade und Lavendel (Ein kurzer Lavendelkrimi)

Kommissar Breitner saß in Tessas Küche und schaute ihr zu, wie sie die dickbraune Flüssigkeit in einen Becher füllte. Mit ihrer Kittelschürze erinnerte sie ihn an seine Mutter. Kakaoduft schwebte in Wolken durch die Küche und stimmte Breitner milde.
   Dieser Fall machte ihn langsam kaputt. Vier Menschen waren verschwunden, allesamt Männer in seinem Alter, also Mitte fünfzig. Sie alle waren verheiratet, hatten einen Job und kamen aus dem gleichen Stadtteil. Das war aber auch schon alles an Gemeinsamkeiten. So ein Mist. Die Presse saß ihm im Nacken, genau wie der Polizeipräsident. Also blieb ihm und seinen Kollegen nichts weiter übrig, als die Nachbarschaft abzuklappern.
   Frau Meckel war eine der wenigen Personen, die ihn freundlich hereinbaten. Hier gab es sogar selbstgebackene Kekse und einen Kakao, dessen Duft Breitner in seine Kindheit zurück katapultierte.
„Frau Meckel, der Kakao ist wunderbar. Aber wonach duftet er noch? Was ist ihr Geheimnis?“
Tessa lachte perlend. „Mein Geheimnis? Nun, vielleicht ist es der Lavendel. Eine seltene Sorte, die ich von einem Bauern aus der Provence geschenkt bekommen habe. Vor zwei Jahren.“
   Vor zwei Jahren. Da war der erste Mann verschwunden. Sowas passierte ständig in letzter Zeit: Irgendjemand sagte etwas und sofort bevölkerten Ermittlungsgedanken Breitners Kopf und hielten ihn von der Arbeit ab. Einfach lästig.
   „Lavendel?“ Er hielt seine Nase dichter in die Tasse. „Echt?“
   „Und ich verwende Schokolade, keinen Kakao. Gute Schokolade.“
   „Egal was es ist, es ist köstlich.“ Breitner nahm einen weiteren Schluck und spürte nach, wie die wohlig warme Flüssigkeit langsam in ihm hinabrann.
   „Wenn Sie noch einen Moment Zeit haben, zeige ich Ihnen gern meinen Lavendel.“ Tessa wies zur Küchentür, von wo aus es direkt in den herrlichen Garten ging.
   „Liebend gerne.“ Der Kommissar erhob sich schwerfällig. Am liebsten wäre er einfach bis zum Feierabend in dieser Küche sitzengeblieben.
   Ganz am Ende des Gartens stand ein halbrundes Gewächshaus, rundherum eingefasst von üppigen Lavendelpflanzen, deren kräftiger Lilaton und betörender Duft ihn schwindlig werden ließ.
   „Und in dem Gewächshaus ist auch Lavendel?“
   Eifrig nickte Tessa, erfreut, dass er es ansprach. „Genau. Da ziehe ich die Pflanzen vor. In besonders guter Erde. Kommen Sie, ich zeige sie Ihnen.“
   Bereitwillig folgte ihr der Kommissar. Er würde seiner Frau von diesem prachtvollen Lavendelgarten erzählen müssen!
   Vorfreude leuchtete noch auf seinen Wangen, während sein Blick auf die dreizinkige Harke fiel, die auf seinen Schädel herabsauste.

Warten (Kurzgeschichte vom Nordhessischen Autorenpreis 2019/20)

»Auch wieder hier?« Ich setze mich ihm gegenüber an den kleinen Tisch, auf dem ein zerfleddertes Rätselheft liegt.
   Er schaut kurz hoch, seine blauen Augen wirken abwesend. Eigentlich wie immer, und doch ist heute irgendwas anders. Er ist gar nicht richtig da, sein Nicken nur angedeutet. Er weiß nicht, dass ich gestern auch schon hier war. Und vorgestern.
   Wie sich die Haut im Alter doch verändert, denke ich, während ich ihn betrachte. Hier begegnen mir häufig alte Menschen, und sie alle haben die gleiche wächserne Haut. Die Runzeln, die noch wenige Jahre zuvor von einem bewegten Leben zeugten, werden konturlos und verlieren an Spannung. Wie ein Filter, eine Art Weichzeichner, der das Leben langsam ausradiert.
   Wenn das hektische Geklapper der Geschirrwagen nach dem Mittagessen wieder verstummt, aber noch keine Besucher auf der Station sind, komme ich hierher. Vom Fenster am Ende des Flures kann ich auf den hellgrünen Gebäudekomplex gegenüber schauen, in dem mein Büro ist. Ihm ist es wahrscheinlich egal, ob ich hier bin oder nicht. Er nimmt kaum Notiz von mir, wartet auf seine Frau. Jeden Tag um die gleiche Zeit.
   Er versucht, in seinem Rollstuhl Haltung anzunehmen, wenn sie kommt. Doch sein Körper erinnert sich nicht mehr, bleibt schlaff und krumm.
   »Wie alt sind Sie eigentlich?«, frage ich neugierig. Ich sieze ihn, er kennt mich ja nicht.
   Sein Blick wandert von der Stationstür zu mir. »Dreiundzwanzig.« Er schaut mich ernst an.
   »Dann bin ich ja ein ganzes Jahr älter als Sie«, gebe ich erstaunt zurück.
   »Dafür haben Sie sich aber gut gehalten«, meint er trocken und nickt anerkennend. Tausend kleine Fältchen umrahmen plötzlich seine Augen wie Sonnenstrahlen und er prustet los. 
   Ich stimme mit ein. Eine Träne, die aus dem Augenwinkel über seine gerötete Wange kriecht, wischt er unbeholfen weg. In diesem Moment leuchten seine Augen wie schon lange nicht mehr.
   Sein Blick wandert wieder zur Tür.
   »Ihre Frau kommt sicher gleich«, sage ich, um das Gespräch aufrecht zu erhalten.
   »Meine Frau? Nein, nein, ich warte auf den Zug. Meine Frau ist schon vorgefahren.«
   Er macht schon wieder Witze, denke ich und schaue ihn an. Aber nein, diesmal meint er es ernst. Er blickt auf den weißen Streifen an seinem Handgelenk, wo früher die Uhr war.
   »Wo wollen Sie denn hinfahren?«, frage ich ihn.
   »Nach Kassel. Und dann weiter nach Hamburg. Meine Frau wartet in Kassel auf mich. Wir haben gestern geheiratet«, erzählt er glücklich.
   »Das ist ja toll, herzlichen Glückwunsch!« Seltsam, so mit ihm zu plaudern. Aber er freut sich und lächelt mich an. »Danke. Sie ist die schönste Braut in ganz Hessen.«
   »Das glaube ich«, erwidere ich. Ich freue mich, dass er heute so viel mit mir redet. Das macht er selten.
   »Möchten Sie auch einen Kaffe?« Ich deute auf den Automaten an der Wand.
   »Das heißt Kaffee. Meine Frau vergisst das auch immer.«
   »Okay.« Ich muss grinsen. »Und? Möchten Sie?«
   »Was?« Jetzt ist sein Blick plötzlich wieder leer, das Funkeln verschwunden.
   »Einen Kaffee?«, wiederhole ich.
   »Nein, mein Zug kommt gleich«, murmelt er gedankenverloren.
   Die Tür schwingt auf und eine Frau kommt lächelnd auf uns zu.
   »Hallo Oma«, sage ich, drücke meine Großmutter kurz und lege meinem Großvater zum Abschied die Hand auf die Schulter. »Ich muss wieder rüber.«
   »Mach´s gut, Junge.« Erstaunt blicke ich ihn an. Mein Großvater zwinkert mir zu und hebt die Hand zum Gruß.
   Ein letztes Mal.

Mittwoch, 20. April 2022

Mittwochsgedanken: Ist Haben wichtiger als Sein?

 

Diese Frage kam in einer Dokumentation zum diesjährigen EARTHDAY am 22. April 2022 auf. Leider muss diese Frage wohl für die meisten von uns mit Ja beantwortet werden. Aber warum müssen wir so viel HABEN? Warum sind wir nie zufrieden mit dem, was schon da ist? Warum können wir nicht einfach glücklich sein, dass wir SIND?

In der Arte-Dokumentation „Vielfalt statt Artensterben“ ging es darum, dem Artensterben auf der ganzen Welt entgegenzutreten. Es kamen Menschen rund um den Globus zu Wort, die Wege zurück zur Vielfalt gefunden haben oder zumindest ebnen. Es geht also doch.

Schon seit meiner frühen Jugend ist mir eine intakte und gesunde Umwelt wichtig. Nicht nur im großen, globalen Feld, sondern vor allem vor meiner eigenen Haustür. Denn da sollte Naturschutz und die Liebe zur Natur für jeden von uns anfangen.

Es sind banale Dinge, die nicht wehtun: Müll richtig trennen, Müll vermeiden, unterwegs auch mal den Müll von anderen aufheben, Menschen freundlich darauf aufmerksam machen, ihren Müll nicht einfach in die Natur zu werfen; lokale Händler unterstützen, Obst und Gemüse aus der Region beziehen, weniger, aber dafür hochwertiges Fleisch essen, vielleicht sogar ganz auf Fleisch verzichten, weniger Fertigprodukte konsumieren; zu Fuß gehen, langsamer fahren; Bienenweiden schaffen, Insektenhotels aufhängen, Vorgärten nicht zupflastern, einen Apfelbaum pflanzen; Dinge länger nutzen oder weitergeben statt wegwerfen, weniger neu kaufen, sich alte Handwerkstechniken aneignen, Dinge selber herstellen und vieles mehr.

Das alles befriedigt unseren Geist und es hat mit Respekt zu tun. Respekt vor unserer Erde, auf der wir nur Gast sind. Sie gehört uns Menschen nicht, aber wir beuten sie aus, um einfach noch mehr besitzen zu können. Wir verschwenden so viele Ressourcen, dass wir dafür heute schon fast zwei Erden bräuchten. Wir rauben uns selber aus!

Aber sind wir glücklicher, wenn wir mehr besitzen? Ich denke, alle Menschen, die jemals einen Krieg erlebt oder eine schlimme Krankheit durchgemacht haben, die Opfer von Gewalt wurden oder durch eine andere Katastrophe alles verloren haben, würden die Eingangsfrage anders beantworten als diejenigen, die ihr Bonbonpapier einfach achtlos an den Wegesrand schmeißen.

Die Menschen, die in der gestrigen Arte-Doku zu Wort gekommen sind, haben mich sehr beeindruckt. Und ihre Arbeit hat mir gezeigt, was ich schon lange weiß: Dass jeder von uns selbst etwas tun kann, um die Welt ein kleines bisschen besser zu machen und die Natur – Mutter Natur – zu schützen.

Mittwoch, 13. April 2022

Mittwochsgedanken: Einfach helfen

Gerade habe ich einen Artikel gelesen über eine Frau, die hundert Geflüchtete aus der Ukraine über Ostern zu einem Essen in ihrem Restaurant einlädt. Wenn ich so etwas lese, geht mir das Herz auf. Ganz einfach, weil ich mich freue, zu welcher Hilfsbereitschaft viele von uns fähig sind.
Dabei ist es völlig egal, wer wem wieviel gibt. Allein die Tatsache, dass man an andere denkt und nicht an sich selbst, ist bewundernswert.

Doch dann habe ich den Fehler gemacht und einen Blick auf die Kommentare unter dem Artikel gelesen. Mache ich eigentlich sonst nicht. Weil sie mich entsetzen. Und weil ich mich schäme. Diese Frau wird mit Worten angegangen, die mir im Traum nicht einfallen würden. Sie wird beschimpft, weil sie diesen Menschen hilft. Gleichzeitig wird ihr vorgeworfen, dass sie dadurch anderen Menschen nicht hilft. Nicht den Geflüchteten aus Syrien, nicht den Rentnern und Obdachlosen in unserem Land, nicht ihren Nachbarn, nicht den Straßenhunden, nicht den Kindern von Obdachlosen, nicht dem Umweltschutz und so weiter.
Und ich frage mich, woher die ganzen Kommentierenden das wissen wollen?
Ganz ehrlich, ein Mensch, der jetzt zu solch einer Hilfe fähig ist, der hilft bestimmt auch der alten Dame nebenan, der hat sicher schon für die Flutopfer des letzten Jahres gespendet, und vielleicht hat er auch 2015 schon den Geflüchteten geholfen, als einige andere ihnen Hassparolen entgegengeschmettert haben.
Menschen, die helfen wollen, tun dies aus Empathie, aus Mitgefühl, aus Menschenliebe. Sie tun dies nicht, um Aufmerksamkeit zu bekommen, um in die Presse zu kommen, wie auch von einigen Kommentierenden behauptet wurde. Für einen Artikel in der Lokalpresse macht man so etwas nicht.
 
Gerade jetzt, in dieser mehr als unruhigen Zeit, ist es doch ein gutes Gefühl, auf Menschen zu treffen, die für andere da sein wollen. Die helfen wollen. Egal, ob mit Essen für hundert Geflüchtete oder mit einem gebackenen Kuchen oder vielleicht sogar nur mit einem Lächeln.

Gerade jetzt treffe ich selbst auf so viele Menschen, die gemeinschaftlich helfen wollen, die dabei sich selbst komplett in den Hintergrund stellen und für andere da sind. Hier in unserer Gemeinde wird die Anzahl der Helfenden täglich größer, es werden Ideen gesammelt, man unterstützt sich gegenseitig. Viele arbeiten Stunde um Stunde ehrenamtlich, zusätzlich zum eigenen Job, zusätzlich zu Familie, Haushalt und den eigenen Sorgen. Und auch wenn der Hintergrund, dieser furchtbare und unnötige Krieg, über all dem hängt wie eine Gewitterwolke, gibt es ganz viele kleine positive Momente. Sei es das Dankeschön einer ukrainischen Frau, die gerade ein paar Schuhe geschenkt bekommen hat oder die strahlenden Augen eines Kindes, das ein buntes Osterei aus einer Kiste nehmen durfte.
 
An alle, die gern solche verletzenden Kommentare in die Welt setzen: Kennt ihr das überhaupt, ganz ohne Hintergedanken einfach nur für jemanden da zu sein? Und zwar ganz egal, woher er kommt, welche Sprache er spricht, wie alt oder jung er ist, welche Hautfarbe er hat? Macht das mal. Es tut gut. Es muss nicht gleich das große Essen für viele Menschen sein. Fangt mit einem Lächeln an oder mit einem freundlichen Wort. Und wenn ihr das mal gemacht habt, wollt ihr es wieder tun. Und irgendwann habt ihr gar keine Lust mehr darauf, unüberlegte Kommentare zu verfassen. Das würde ich mir jedenfalls wünschen.
 
Frieden ist nicht das ganz Große, das nur die großen Mächte erreichen können, wenn sie ihre Waffen niederlegen.

Frieden beginnt in jedem von uns selbst. Mit Freundlichkeit und Mitgefühl. Und ohne Hass.
 
 
 

Schreibroutine finden

Jetzt schreibe ich schon so lange, aber eine richtige Schreibroutine hatte ich noch nie. Zumindest bis vor ein paar Wochen. Ich hatte weder ...