Freitag, 9. Mai 2025

Schokolade und Lavendel (Ein kurzer Lavendelkrimi)

Kommissar Breitner saß in Tessas Küche und schaute ihr zu, wie sie die dickbraune Flüssigkeit in einen Becher füllte. Mit ihrer Kittelschürze erinnerte sie ihn an seine Mutter. Kakaoduft schwebte in Wolken durch die Küche und stimmte Breitner milde.
   Dieser Fall machte ihn langsam kaputt. Vier Menschen waren verschwunden, allesamt Männer in seinem Alter, also Mitte fünfzig. Sie alle waren verheiratet, hatten einen Job und kamen aus dem gleichen Stadtteil. Das war aber auch schon alles an Gemeinsamkeiten. So ein Mist. Die Presse saß ihm im Nacken, genau wie der Polizeipräsident. Also blieb ihm und seinen Kollegen nichts weiter übrig, als die Nachbarschaft abzuklappern.
   Frau Meckel war eine der wenigen Personen, die ihn freundlich hereinbaten. Hier gab es sogar selbstgebackene Kekse und einen Kakao, dessen Duft Breitner in seine Kindheit zurück katapultierte.
„Frau Meckel, der Kakao ist wunderbar. Aber wonach duftet er noch? Was ist ihr Geheimnis?“
Tessa lachte perlend. „Mein Geheimnis? Nun, vielleicht ist es der Lavendel. Eine seltene Sorte, die ich von einem Bauern aus der Provence geschenkt bekommen habe. Vor zwei Jahren.“
   Vor zwei Jahren. Da war der erste Mann verschwunden. Sowas passierte ständig in letzter Zeit: Irgendjemand sagte etwas und sofort bevölkerten Ermittlungsgedanken Breitners Kopf und hielten ihn von der Arbeit ab. Einfach lästig.
   „Lavendel?“ Er hielt seine Nase dichter in die Tasse. „Echt?“
   „Und ich verwende Schokolade, keinen Kakao. Gute Schokolade.“
   „Egal was es ist, es ist köstlich.“ Breitner nahm einen weiteren Schluck und spürte nach, wie die wohlig warme Flüssigkeit langsam in ihm hinabrann.
   „Wenn Sie noch einen Moment Zeit haben, zeige ich Ihnen gern meinen Lavendel.“ Tessa wies zur Küchentür, von wo aus es direkt in den herrlichen Garten ging.
   „Liebend gerne.“ Der Kommissar erhob sich schwerfällig. Am liebsten wäre er einfach bis zum Feierabend in dieser Küche sitzengeblieben.
   Ganz am Ende des Gartens stand ein halbrundes Gewächshaus, rundherum eingefasst von üppigen Lavendelpflanzen, deren kräftiger Lilaton und betörender Duft ihn schwindlig werden ließ.
   „Und in dem Gewächshaus ist auch Lavendel?“
   Eifrig nickte Tessa, erfreut, dass er es ansprach. „Genau. Da ziehe ich die Pflanzen vor. In besonders guter Erde. Kommen Sie, ich zeige sie Ihnen.“
   Bereitwillig folgte ihr der Kommissar. Er würde seiner Frau von diesem prachtvollen Lavendelgarten erzählen müssen!
   Vorfreude leuchtete noch auf seinen Wangen, während sein Blick auf die dreizinkige Harke fiel, die auf seinen Schädel herabsauste.

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