Der Roman "Das Geheimnis der Untoten" von Mike Gorden beginnt mit einer ausführlichen und bildhaften Beschreibung der Gegend und des Klimas, worüber ich mich sehr gefreut habe. Fast konnte ich die raue Seeluft spüren. Auch die Bewohner der Insel, natürlich waschechte Bretonen, sind sehr anschaulich beschrieben. Ja, sie sind brummig, bleiben gern unter sich, reden bretonisch, wenn sie sich mit dir nicht unterhalten wollen, aber sie sind auch grundehrlich, anständig und - wenn sie dich mögen - sehr gastfreundlich.
Das haben auch Mike und Maurice, die beiden Hauptpersonen, zu spüren bekommen. Sie sind ein Paar, auch wenn der etwas stoffelige Maurice die Beziehung gern herunterspielt. Dennoch spürt man an vielen Kleinigkeiten, dass ihm trotzdem etwas an Mike liegt, auch wenn er es nicht zugeben würde. Die beiden wollen auf der Insel zwei Wochen Urlaub machen und haben sich in der alten Mühle eingemietet. Doch es dauert nicht lange und ihr Urlaub wird ziemlich turbulent. Im Schlangenloch wird eine Leiche gefunden, ein Koffer verschwindet und taucht wieder auf, irgendwer verschafft sich ständig Zutritt zur Mühle.
Mike
und Maurice nutzen ihre guten Verbindungen zum Festland, um auf eigene Faust
Nachforschungen zu dem ungeklärten Mord anzustellen. Sehr zum Ärger des hierher
beorderten Kriminalkommissars, der ganz offensichtlich weder
Schwule noch Insulaner noch die bretonische Küche mag und den Fall so schnell wie möglich abschließen will.
Mike liebt die Vielfalt der Meeresfrüchte und Fische hier, denn er kann sich
beim Einkaufen und Kochen kaum zurückhalten. Manchmal habe ich mich gefragt,
wie die beiden das alles schaffen wollen. Zum Glück gesellt sich schon bald ein
Dritter zu ihnen, nämlich Streuner. Der Hund ist auf der ganzen Insel zuhause,
aber bei Mike und vor allem bei Maurice scheint er sich besonders wohlzufühlen.
Maurice' spröde Ablehnung schlägt schnell in heimliche Sympathie um. Streuner
jedenfalls freut sich über den ständig gefüllten Napf und hilft tatkräftig bei
der Aufklärung des Falles mit.
Auf der Insel hört man immer mal wieder vom "Club der Untoten", doch
niemand will darüber reden. Der in der Bucht gefundene Tote scheint jedoch
irgendetwas damit zu tun zu haben.
Die Geschichte spielt abwechselnd im Heute und in den letzten Jahren des
zweiten Weltkrieges, als die Deutschen die Insel besetzt hatten und die
Mitglieder der Resistance um die Freiheit ihres Volkes kämpften. Beide Erzählstränge
sind sehr interessant, der Rückblick in die Kriegszeit jedoch teilweise sehr
erschütternd. Die Verbindung zwischen den Erzählsträngen liegt im Mühlturm
verborgen.
Zur Erzählweise: Etwas ungewöhnlich ist hier, dass Mike Gorden die alte
Rechtschreibung verwendet. Ungewöhnlich, aber nicht unangenehm. Wenn man viele
Bücher aus dem vorigen Jahrhundert liest, ist das Auge noch an "daß"
statt "dass" gewöhnt oder gewöhnt sich schnell wieder daran.
Der Autor erzählt sehr bildhaft, nutzt gern Vergleiche, die mal lyrisch, mal
pompös anmuten. Ich persönlich finde das interessant und abwechslungsreich,
denn es unterscheidet sich von der einfachen Büchersprache, die man heutzutage
oft liest.
Da dieser Krimi nur ein Teil von dreien ist, in denen Mike und Maurice mitspielen,
ist es natürlich spannend zu wissen, wie es ihnen vorher erging. Wie sie sich
kennengelernt haben, wie sie ticken, was sie sonst so machen, wenn sie nicht
gerade im Urlaub einen Mord aufklären. Auch wenn ich die anderen Teile noch
nicht kenne, hatte ich trotzdem ein gutes Bild zu den beiden und zu ihrer
Beziehung zueinander. Sie ist nicht super romantisch, manchmal etwas rau, aber
sie hat eine ruhige, sichere Basis.
Ich danke dem Autor, dass ich die E-Book-Version im Rahmen der
lovelybooks-Leserunde lesen durfte.
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