Montag, 21. Juni 2021

Buchvorstellung zu "Mit Lampenfieber und Musik" von Heike Sonn

Eine chaotische Flucht vor dem Glück
 
Es ist Sonntag. Während ich hier auf meinem schattigen Balkon sitze und den Amseln bei ihrem Gesang lausche, schreibe ich die Rezension zu Heike Sonns Roman, den ich letzte Nacht zu Ende gelesen habe.

Gottseidank und leider zugleich. Gottseidank, weil ich manchmal nicht fassen konnte, dass  die Hauptperson Tessa immer und immer wieder die Flucht vor dem Leben ergriff. Und leider, weil ich Tessa und die musikalische Großfamilie um Inga, Sara, Ben und all die anderen nicht einfach so mit dem Beenden des Buches weglegen kann und will.

Aber von vorn: Tessa hilft den Brüdern Ben und Andy, Mitglieder einer Band, bei der Flucht vor kreischenden Fans. Noch am gleichen Abend sehen sie sich wieder, weil die beiden schon wieder ihre Hilfe - diesmal in Form einer Übernachtung - benötigen.

Die Brüder schleifen Tessa am nächsten Tag mit zu ihrer Großfamilie, die sich in der Musikwelt als "Die Tyscons" einen Namen gemacht hat. Bei ihnen wird dringend eine Kinderfrau benötigt. Aber nicht alle sind so begeistert wie Ben und Andy. Inga, große Schwester und Oberhaupt der Familienband, lehnt ihre Hilfe ab, sieht in Tessa nur eine Bedrohung, die sich in die berühmte Familie einschleichen will. Auch Simon, der ständig auf Konfrontationskurs mit ihr ist und seine Abneigung gegen sie offen zeigt, ist ein harter Brocken.

Aber da ist auch die stille Sara, die Tessa sofort in ihr Herz schließt und die für sie noch ganz besonders wichtig werden wird. Tessa hat einen Draht zu den Kindern, auch zu Ingas kleinem Sohn. Eigentlich wollte sie mal Erzieherin werden, doch daraus wurde nichts. Trotz all den widersprüchlichen Meinungen wird sie bald ein unverzichtbarer Teil der Familie und des Haushalts.

Wären da nicht all jene Dinge, die Tessa ständig aus der Bahn werfen. Ihr Exmann zum Beispiel, ein absolutes Scheusal, aber Liebling ihrer Mutter, welche dauernd ungefragt auftaucht und Tessa unmöglich behandelt. Oder die Nachbarin Frau Twachtmann - meine Güte - da muss man schon Nerven haben!

Und dann ist da noch Tessas Ring. Der mit dem verschlüsselten Schwur, den sich Tessa selbst und für immer auferlegt hat und der sie ständig zurückwirft und einengt. Aber das bemerkt sie nicht. Andere Dinge will sie nicht bemerken, Bens Blicke zum Beispiel.

Dieser Roman geht tiefer, als der Titel zunächst vermuten lässt. Tessa ist eine zutiefst verletzte und unsichere Frau, die von früheren Erlebnissen und neuen Gefühlen hin- und her geschüttelt wird. Man möchte sie abwechselnd in den Arm nehmen, schütteln, sie anschreien, in ihr Glück schubsen oder ihre Hand halten. All diese Aufgaben hat im Buch das Mädchen Sara übernommen, eine starke kleine Persönlichkeit, die über sich hinauswächst. 

Wenn es mal einen zweiten Teil geben sollte, werde ich ihn auf jeden Fall lesen. Allerdings hoffe ich, dass Tessa dann nicht mehr ständig davonläuft, wenn das Glück an ihre Tür klopft. Wie sagte jemand über Tessa: "Wenn ich einen Schritt auf sie zugehe, weicht sie drei zurück." Ja, dieser Satz fasst perfekt zusammen, was ich beim Lesen die ganze Zeit gedacht habe. 

Der Schreibstil der Autorin hat mich ebenfalls sehr überzeugt. Jeder Satz ist wohldurchdacht, bei einigen Formulierungen dachte ich: "Och wie schön!" Das Lesen hat mir viel Freude bereitet und ich bin schon jetzt gespannt auf mehr!

Heike, wann gibt's mehr von dir zu lesen? 

Montag, 14. Juni 2021

Buchvorstellung zu "Das Geheimnis der Untoten" von Mike Gorden

Ein dubioser Mordfall auf der bretonischen Insel verknüpft die Vergangenheit und die Gegenwart, wirbelt einen Entspannungsurlaub durcheinander und macht einen Streuner glücklich.

Wieder einmal durfte ich literarisch in die Bretagne reisen, und zwar diesmal auf die Île de Batz, die zum Departement Finistère gehört.
 
Der Roman "Das Geheimnis der Untoten" von Mike Gorden beginnt mit einer ausführlichen und bildhaften Beschreibung der Gegend und des Klimas, worüber ich mich sehr gefreut habe. Fast konnte ich die raue Seeluft spüren. Auch die Bewohner der Insel, natürlich waschechte Bretonen, sind sehr anschaulich beschrieben. Ja, sie sind brummig, bleiben gern unter sich, reden bretonisch, wenn sie sich mit dir nicht unterhalten wollen, aber sie sind auch grundehrlich, anständig und - wenn sie dich mögen - sehr gastfreundlich.
 
Das haben auch Mike und Maurice, die beiden Hauptpersonen, zu spüren bekommen. Sie sind ein Paar, auch wenn der etwas stoffelige Maurice die Beziehung gern herunterspielt. Dennoch spürt man an vielen Kleinigkeiten, dass ihm trotzdem etwas an Mike liegt, auch wenn er es nicht zugeben würde. Die beiden wollen auf der Insel zwei Wochen Urlaub machen und haben sich in der alten Mühle eingemietet. Doch es dauert nicht lange und ihr Urlaub wird ziemlich turbulent. Im Schlangenloch wird eine Leiche gefunden, ein Koffer verschwindet und taucht wieder auf, irgendwer verschafft sich ständig Zutritt zur Mühle.

Mike und Maurice nutzen ihre guten Verbindungen zum Festland, um auf eigene Faust Nachforschungen zu dem ungeklärten Mord anzustellen. Sehr zum Ärger des hierher beorderten Kriminalkommissars, der ganz offensichtlich weder Schwule noch Insulaner noch die bretonische Küche mag und den Fall so schnell wie möglich abschließen will.

Mike liebt die Vielfalt der Meeresfrüchte und Fische hier, denn er kann sich beim Einkaufen und Kochen kaum zurückhalten. Manchmal habe ich mich gefragt, wie die beiden das alles schaffen wollen. Zum Glück gesellt sich schon bald ein Dritter zu ihnen, nämlich Streuner. Der Hund ist auf der ganzen Insel zuhause, aber bei Mike und vor allem bei Maurice scheint er sich besonders wohlzufühlen. Maurice' spröde Ablehnung schlägt schnell in heimliche Sympathie um. Streuner jedenfalls freut sich über den ständig gefüllten Napf und hilft tatkräftig bei der Aufklärung des Falles mit.

Auf der Insel hört man immer mal wieder vom "Club der Untoten", doch niemand will darüber reden. Der in der Bucht gefundene Tote scheint jedoch irgendetwas damit zu tun zu haben.
Die Geschichte spielt abwechselnd im Heute und in den letzten Jahren des zweiten Weltkrieges, als die Deutschen die Insel besetzt hatten und die Mitglieder der Resistance um die Freiheit ihres Volkes kämpften. Beide Erzählstränge sind sehr interessant, der Rückblick in die Kriegszeit jedoch teilweise sehr erschütternd. Die Verbindung zwischen den Erzählsträngen liegt im Mühlturm verborgen.

Zur Erzählweise: Etwas ungewöhnlich ist hier, dass Mike Gorden die alte Rechtschreibung verwendet. Ungewöhnlich, aber nicht unangenehm. Wenn man viele Bücher aus dem vorigen Jahrhundert liest, ist das Auge noch an "daß" statt "dass" gewöhnt oder gewöhnt sich schnell wieder daran.
Der Autor erzählt sehr bildhaft, nutzt gern Vergleiche, die mal lyrisch, mal pompös anmuten. Ich persönlich finde das interessant und abwechslungsreich, denn es unterscheidet sich von der einfachen Büchersprache, die man heutzutage oft liest.

Da dieser Krimi nur ein Teil von dreien ist, in denen Mike und Maurice mitspielen, ist es natürlich spannend zu wissen, wie es ihnen vorher erging. Wie sie sich kennengelernt haben, wie sie ticken, was sie sonst so machen, wenn sie nicht gerade im Urlaub einen Mord aufklären. Auch wenn ich die anderen Teile noch nicht kenne, hatte ich trotzdem ein gutes Bild zu den beiden und zu ihrer Beziehung zueinander. Sie ist nicht super romantisch, manchmal etwas rau, aber sie hat eine ruhige, sichere Basis.

Ich danke dem Autor, dass ich die E-Book-Version im Rahmen der lovelybooks-Leserunde lesen durfte.

Mittwoch, 2. Juni 2021

Gruseln für den guten Zweck - mit der neuen Sternzeit-Anthologie

"Noch eine Anthologie?", höre ich da den einen oder anderen sagen. Aber hey: Diese Kurzgeschichtensammlung ist etwas ganz Besonderes. 

Schau dir dieses Buch nur mal an!

Der Tiger springt dir beinahe entgegen. Du hast gar keine andere Möglichkeit, als nach dem Buch zu greifen, stimmts?

Der Umschlag des Taschenbuches fühlt sich samtig an, irgendwie lebendig. Vielleicht liegt das an dem, was drin steckt?

Denn diese 28 Geschichten und Gedichte werden dich nicht sanft in den Schlaf lullen. Nein, sie werden dir den Schlaf rauben, sie werden dich zittern lassen!

Du wirst dreimal kontrollieren, ob du deine Haustür abgeschlossen hast, wirst deine Kellertür verbarrikadieren, eine Eisenpfanne unter dem Kopfkissen verstecken, die Jalousien herunterlassen und deine Decke über den Kopf ziehen, bevor du das Buch aufschlägst und im Schein der Taschenlampe zu lesen beginnst ... Wie gesagt, die Anthologie hat es in sich.

Was uns Autoren dazu bewogen hat, mitten im Sommer Gruselgeschichten zu veröffentlichen?

Das war die gemeinsame Freude am Schreiben, das Abenteuer, das dieses Genre uns eröffnet hat. Gruselgeschichten offenbaren unsere größten Ängste, aber auch fast immer eine Lösung dazu. Sie sind eine Flucht aus der realen Welt, beflügeln die Fantasie, lassen das Herz höher schlagen und uns sanft wieder auf dem Boden der Realität landen.

Haben wir nicht schon als Kinder gern Schauergeschichten erzählt und gehört? Die Gänsehaut genossen, die uns über den Rücken gekrochen ist? Und dabei geflüstert und das große Licht ausgeschaltet, um die knisternde Spannung bis zur Unerträglichkeit zu erhöhen?

Genau deshalb sind diese Geschichten entstanden. Von Anfang an war uns dabei klar, dass wir den Erlös spenden werden. Und zwar für Kinder.

Schon in der letzten Anthologie haben wir den Verein Viel Farbe im Grau e.V. unterstützt. Die lieben Menschen dort sorgen unter anderem dafür, dass schwerkranke Kinder sich einen ihrer größten Wünsche erfüllen können, zum Beispiel eine Reise ans Meer oder einen Flug mit dem Helikopter.

Wir als AutorInnen der Facebook-Gruppe "Autoren-Sternzeit" sind stolz darauf, dass wir mit dazu beitragen können, die Wünsche dieser Kinder zu erfüllen und ihnen und ihren Familien ein paar glückliche Momente schenken zu können.

Und womit könnten wir das besser als mit unseren Geschichten?

Wenn ich dich jetzt neugierig gemacht habe, dann musst du nur noch auf den Link im nächsten Satz klicken. Das Buch ist erhältlich als Taschenbuch und als eBook bei Amazon.

Dich erwarten fast 400 Seiten Spannung und Gänsehaut, unter anderem auch meine Geschichte "Pfotenwandler".

Gruselige Grüße,

Marlene



Schreibroutine finden

Jetzt schreibe ich schon so lange, aber eine richtige Schreibroutine hatte ich noch nie. Zumindest bis vor ein paar Wochen. Ich hatte weder ...